Live zugeschalten aus Valencia, dem Sitz des Forschungsinstituts AIMPLAS Instituto Tecnológico del Plástico, berichtete Referent Dr. Rafael Alonso Ruiz, Wissenschaftler im Bereich Chemische Technologie bei AIMPLAS, über die Herausforderungen von Composites in der Zukunft. Wir haben im Nachgang zu seinem Vortrag »Multifunktionale Verbundwerkstoffe: Eine Herausforderung für die Zukunft«bei den 4. Bremer Faserverbundtagen 2021 nochmal nachgefasst. Im Interview erklärt Dr. Ruiz Alonso, welche Strategien und Herausforderungen, bei der Entwicklung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft im Composites-Markt eine Rolle spielen.
Herr Dr. Alonso Ruiz, welche Rolle haben Sie bei Aimplas und was ist das Ziel Ihrer Tätigkeiten?
Unser Ziel ist es, einen Wandel von einer linearen Wirtschaft zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zu forcieren, indem wir mit verschiedenen Strategien multifunktionale Verbundstoffe entwickeln. Eine der Strategien ist dabei das Design for Recycling. Schon in den ersten Schritten der Materialentwicklung, bei den ersten Designs und Planungsentwürfen für das Material, soll die Nachhaltigkeit des Stoffes eingeplant werden. Andere nennenswerte Strategien sind das Online-Monitoring und die Nutzung von flammhemmenden Eigenschaften sowie auch der Einsatz von elektrischer Leitfähigkeit bei Materialien.
Wie arbeiten Sie und Ihre Kollegen von AIMPLAS mit dem Fraunhofer IFAM zusammen?
Ich habe mich sehr über die Möglichkeit gefreut, bei den Bremer Faserverbundtagen an der Seite von Prof. Dr. Groß und namenhaften Referenten aus Forschung und Industrie einen Vortrag über die Herausforderungen der Composites in der Kreislaufwirtschaft zu halten.
Stichwort Online-Monitoring: Welche Rolle spielt die Digiatliserung in der Entwicklung nachhaltiger Materialien?
Das Online-Monitoring hilft uns bei AIMPLAS und wird uns weiterhin helfen, die Prozesse um und die Herstellung von nachhaltigen Produkten zu optimieren. Schon währends des (Härte-)Prozesses, also als Inline-Verfahren, kann das Online-Monitoring eingesetzt werden. Mit dem Online-Monitoring überprüfen wir die Dielektrizitätskonstante, die wiederum in Zusammenhang mit der Viskosität des Materials in Verbindung steht, und können so das Material und den Prozess optimieren. So können wir beim Aushärten von Composites beispielsweise erfahren, ob die Temperatur höher als nötig eingestellt ist. Gegebenenfalls kann also durch das Absenken der Temperatur im Härtungsprozess, der Energieverbrauch gesenkt werden und auch die Kosten reduziert werden.
Wir führen mit dem Online-Monitoring erfolgreich Studien anhand verschiedener Parameter durch. Digitale Anwendungen sind also enorm wichtig für unsere Optimierungsprozesse.
Welche Herausforderungen gehen Sie bei der Entwicklung einer kreislaufförmigen Wirtschaft an ?
Neue Funktionalitäten wie flammhemmende Eigenschaften haben einen Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften der Materialien. Diese Auswirkungen stimmen nicht immer mit den Produktzielen und deren Anwendungsgebieten überein. Auch die erhöhten Kosten sind natürlich zu nennen. Der Einfluss auf die Viskosität, also die Zähigkeit des Materials, und die Dispersion der Kunststoffmatrix spielen ebenfalls eine Rolle.
Sie erwähnten auch den Einsatz von elektrischer Leitfähigkeit bei Materialien. Wie können Materialien mit elektrischer Leitfähigkeit eingesetzt werden?
Ein gutes Beispiel aus der Praxis: die elektrische Leitfähigkeit schützt Material vor dem Einfrieren. Ein illustrativer Anwendungsfall liegt im Luftverkehr. Steigt ein Flugzeug in hohe Höhen kann es aufgrund der Minustemperaturen zu Gefrierungen kommen. Der Einsatz von elektrisch leitfähigen Materialien schützt davor.
Wir entwickeln multifunktionale Verbundstoffe, die z. B. wasserabweisend, flammhemmend und elektisch leitfähig sind, und arbeiten so an einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, welche die lineare Wirtschaft schrittweise und strategisch ablöst.
Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Alonso-Ruiz.