Herr Chouvet, in welchen Bereichen sind Sie tätig und wie sieht ihre Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IFAM aus?
In der Anwendungstechnik bin ich besonders im Bereich neue Anwendungsbereiche und im Validieren und Testen von Produkten bei HUNTSMAN tätig – eine spannende Rolle an der Schnittstelle zu unseren Kunden in Europa. Das Fraunhofer IFAM ist ein sehr renommiertes Institut und die Zusammenarbeit bringt auch deshalb viele Vorteile für die Weiterentwicklung und die Optimierung unserer Produkte. Das Fraunhofer IFAM ist thematisch ohne speziellen Industrieschwerpunkt breit aufgestellt. Wir profitieren in der Kooperation von dem breiten Netzwerk in die unterschiedlichen Industrien und Anwendungsbereiche, über welches das Fraunhofer IFAM verfügt. Der Austausch und die Nähe zu den verschiedenen Anwendungsbereichen und -branchen ist wichtig, denn wir sehen einen Trend hin zu einem Allrounder-Produkt: Auf dem Markt wird zunehmend ein Produkt gewünscht, das sich vielfältig in verschiedensten Bereichen anwenden lässt.
Außerdem ist das Fraunhofer IFAM federführend in der Etablierung von Normen und Weiterbildungen in der Klebtechnik. Auch dies wirkt sich positiv auf die Ergebnisse unserer Zusammenarbeit aus. Hier ist vor allem Prof. Dr. Groß, Leiter Weiterbildung und Technologietransfer am Fraunhofer IFAM, zu nennen, der sich im Bereich der Normierung und der Weiterbildung in den vergangenen Jahren sehr engagiert hat. Die Einführung der Normen hat mit der Norm DIN 6701 in der Schienenfahrzeugbranche angefangen und breitet sich in den Branchen immer weiter aus. Dies ist wichtig, weil Kleben nach DIN EN ISO 9001 ein »spezieller Prozess« ist, dessen Ergebnis nicht in vollem Umfang zerstörungsfrei geprüft werden kann. Qualitätssicherung und Aus- und Weiterbildung des Fachpersonals sind enorm wichtig für Sicherheit und Effizienz der Klebprozesse.
In Ihrem Vortrag »Araldite 2050-2051: Ultraschnelle Verklebung, jederzeit und überall« haben Sie die Klebstoffe Araldite® 2050 und 2051 vorgestellt. Können Sie den Klebstoff näher erläutern?
Die Marke Araldite® gibt es nun schon seit mehr als 70 Jahren auf dem Markt. Die Produkte Araldite® 2050 und 2051 wurden im Jahre 2019 gelauncht und erfreuen sich seither großer Beliebtheit. Die Produkte überzeugen Kunden aus der Industrie aufgrund der schnellen Aushärtung und das bei extremen Temperaturen von –20 bis +40°C. Auch unter Wasser und in feuchten Umgebungen kann eine hohe Haftung erzeugt werden. Araldite® 2050 könnte als Winterversion des Klebstoffs bezeichnet werden und benötigt bei Raumtemperatur nur circa zwei Minuten zum Aushärten. Araldite® 2051 beansprucht mehr Zeit zum Aushärten und wird bei wärmeren Temperaturen eingesetzt. Beide Produkte können sowohl manuell im Reparaturbereich als auch automatisiert in der Fertigung eingesetzt werden.
Welche Herausforderungen und Lösungsstrategien gibt es sowohl in der Forschung als auch im »Roll-out« in der Industrie?
Wir forschen und analysieren in Kooperation mit dem Fraunhofer IFAM, um unsere Produkte stetig zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Wir integrieren dabei die wichtigen Trends des Marktes. Bereits erwähnt habe ich, dass sich Unternehmen Produkte wünschen, die vielfältig über Industrien und Anwendungsbereiche hinweg anwendbar sind. Das ist eine Herausforderung, denn gleichzeitig darf auch der Wunsch nach wachsender Effizienz und erhöhter Produktivität nicht außer Acht gelassen werden. Zusammen mit den Mitarbeitern des Fraunhofer IFAM, die über ein breites Wissen der verschiedenen Anwendungsbereiche von Klebstoffen verfügen, und mit Unterstützung des Netzwerks und der Forschungsapparate des Instituts entwickeln wir Produkte, die sowohl effizient und sicher als auch flexibel anwendbar sind.
Welche Zukunftsstrategien sehen Sie sowohl in der Forschung als auch in der Umsetzung in der Industrie?
Die Entwicklung von Klebstoffen nimmt einige Zeit in Anspruch. Deswegen ist es sehr wichtig, Trends frühzeitig zu erkennen und umzusetzen. Arbeitssicherheit und Umweltschutz sind weitere wichtige Trends, die in Zukunft immer gefragter sein werden – in der Industrie und der Gesellschaft. So forschen wir derzeit unter anderem sehr im Bereich der nachhaltigen Klebstoffe. Wir haben schon einige Epoxidharz-Klebstoffe entwickelt, die bis zu 80% erneuerbare Kohlenstoffe beinhalten. Unser Ziel ist es, diesen Wert in den kommenden Jahren weiter zu erhöhen.
Im Bereich der Arbeitssicherheit möchten wir schädliche Stoffe, also CMR-Substanzen (Im Engl. Substances classified as carcinogenic, mutagenic and toxic for reproduction) und SVHCs (Besonders besorgniserregende Stoffe), in den Produkten eliminieren. Hier haben wir zum Beispiel im Jahr 2017 einen Großteil unserer Klebstoffe umformuliert, um schädliche Substanzen aus den Produkten zu entfernen.
Auch die Digitalisierung nimmt eine immer wichtigere Rolle ein. Mit digitalen Tools können wir beispielsweise die Qualitätssicherung weiter optimieren.
Herzlichen Dank für das Interview, Herr Chouvet!