Herr Konečný, was ist Ihr Verantwortungsbereich und welche Ziele haben Sie bei der Knorr-Bremse AG?
Seit 2017 koordiniere ich als Rail Vehicle Systems Bonding Coordinator bei der Knorr-Bremse AG Klebprozesse und leite eine kleine Abteilung im Unternehmen. Ich organisiere Meetings und treibe den Austausch mit Kollegen weltweit voran, um die Klebprozesse im globalen Unternehmen zu standardisieren und höchste Qualität trotz regionaler Unterschiede zu sichern.
Die Zertifizierung nach DIN 6701, die in Deutschland die Basis unseres Handwerks ist, gilt in Afrika beispielsweise nicht. Dennoch möchten wir natürlich dieselbe Qualität in allen Ländern gewährleisten. In Nordamerika gibt es auf der anderen Seite Richtlinien, die besagen, dass 50 Prozent der Produktion lokal erfolgen muss. Auch hier müssen wir neben der Standardisierung der Prozesse auf lokale Besonderheiten bei der Entwicklung unserer Waschanlagen und Klebprozesse eingehen. Neben der Standardisierung und der Lokalisierung der weltweiten Klebprozesse spielt auch die Automatisierung und die Industrie 4.0 eine wichtige Rolle. Daneben übernehme ich eine beratende Funktion als Experte im Bereich Kleben für Kollegen und für Mitglieder im Arbeitskreis Kleben des AVK.
Die Teilnehmenden der Bremen Bonding Days stellten viele Fragen im Nachgang zu Ihrem Vortrag. Können Sie die wichtigsten Messages Ihres Vortrags für uns zusammenfassen?
Der Vortrag »Fertigungskontrolle der Oberflächenvorbehandlung zur
Verklebung von Aluminium-Sandwichkonstruktionen« gewann viel Interesse und weckte Neugierde, weil das Publikum dadurch praxisnahe Einblicke aus der Herstellung erhalten konnte. Der Vortrag sollte zeigen, wie die Vermessung von Oberflächenspannung in der Praxis aussieht und wie Anwender die Ergebnisse der Oberflächenmessung tatsächlich nutzen können – interessant für Mitarbeitende in Firmen mit Vorbehandlungsprozessen. Was machen wir beispielsweise, wenn von 20 Messungen 19 Messungen positiv ausfallen und eine Messung negativ? Wir haben den Vortrag aufgrund der unternehmenseigenen Geschichte und den Praxiserfahrungen in der Herstellung entwickelt.
Seit 2021 haben wir an einem neuen System zur Oberflächenkontrolle gearbeitet. Die Messungen der Oberflächen der Sandwich-Konstruktionen waren nicht immer optimal, der Wunsch nach Qualitätsstandards wuchs. Für die Überprüfung der Oberfläche – ob diese sauber und reaktiv ist – mussten wir ein externes, kostenintensives Labor aufsuchen. Mit den mobilen Geräten von Krüss Scientific konnten wir ein effektives Inline-Verfahren entwickeln, das Ergebnisse in Sekundenschnelle vor Ort liefert und von Mitarbeitenden ausgeführt werden kann.
Außerdem haben wir die Bewertungsmethodik der Messungen geändert. Lange Zeit orientierten wir uns hinsichtlich der Messpunkte am Objekt der Messungen. Nun werden die Messpunkte am Konstrukt der Waschanlage selbst ausgerichtet, um einheitliche und sinnvolle Ergebnisse zu erhalten. Haben wir zuerst an drei Punkten bei jedem Objekt, unabhängig von der Größe des Objekts, gemessen, so messen wir jetzt an drei Punkten in der Vertikallinie der Waschanlage.
Welche Fragen gab es im Anschluss zu Ihrem Vortrag?
Eine Teilnehmerin fragte, wie mit den gemessenen Oberflächenmaterialien umgegangen wird und ob diese im Anschluss an die Messung entsorgt werden. Die Antwort: Die Messfläche ist sehr klein und lässt sich mit einem Lösungsmittelreiniger einfach reinigen und so wieder verwerten. Das Material wird also nicht entsorgt, sondern genutzt.
Wie arbeiten Sie mit dem Fraunhofer IFAM zusammen?
Bis vor ein paar Jahren fand die DIN 6701-Zertifizierung direkt über das Fraunhofer IFAM statt – auch jetzt haben wir aufgrund dieser wichtigen Zertifizierung Kontakt zu vielen Mitarbeitenden des Fraunhofer IFAM. Auch über den AVK-Arbeitskreis Kleben verbindet uns eine besondere Freundschaft. Herr Frank Stein, Leiter TBBCert, lud mich schließlich ein, einen Vortrag bei den Bremer Klebtagen und bei den Bremen Bonding Days zu halten. Ich habe mich sehr gefreut, im Frühjahr 2021 auf Deutsch und im Herbst 2021 auf Englisch bei den renommierten Veranstaltungen des Fraunhofer IFAM zu referieren.
Welche Rolle spielen weitere Industrietrendthemen wie Nachhaltigkeit, Arbeitssicherheit und Digitalisierung in Ihrem Bereich?
Das sind alles natürlich wichtige Themen in meiner Arbeit für die Knorr-Bremse AG. Die Sicherheit der Produktionsmitarbeitenden ist enorm wichtig. Deshalb bin ich mit internen Spezialisten aus dem Bereich Health and Safety in Kontakt. So haben wir schädliche Chemikalien bereits ersetzt, bieten Schulungen für bestimmte Klebstoffe an und setzen Ablüftungsanlagen in den Produktionsstätten ein.
Mit der voranschreitenden Automatisierung verringert sich auch der Kontakt der Mitarbeitenden mit Klebstoffen und so wirkt sich die Digitalisierung positiv auf die Arbeitssicherheit aus. Auch im Bereich Umweltschutz können digitale Methoden wirkungsvoll eingesetzt werden: Genaue Berechnungen des Bedarfs an Reinigungsmittel und Klebstoff verhindern beispielsweise hohe Mengen an Abfall. Auch so setzen wir einige Maßnahmen zum Umweltschutz um und besorgen Reinigungsmittel in größeren Verpackungen als bisher. Das spart auch Kosten. Die Kostenreduktion ist schließlich auch ein wichtiger Punkt für die kommenden Jahre.
Herzlichen Dank für das Interview!