Raus aus der Theorie, rein in die Praxis: Die Bremer FaserverbundPRAXIStage – der »etwas andere« Composites-Lehrgang am Fraunhofer IFAM

2020 finden zum dritten Mal die Bremer FaserverbundPRAXIStage statt. Als praxisorientiertes Pendant zu den »Bremer Faserverbundtagen« wird den Teilnehmern die Gelegenheit gegeben, ihr praktisches Können im Umgang mit Composites zu trainieren und zu erweitern. Das Besondere an diesem Lehrgang ist, dass die Absolventen ein selbst gefertigtes Longboard aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff mit nach Hause nehmen. Hierzu gibt es eine kurze Auffrischung des relevanten Wissens über Herstellung und Bearbeitung von FVK-Bauteilen. Der Fokus liegt allerdings auf der Fertigung des Bauteils mit Hilfe des Vakuuminfusionsverfahrens. Wir sprachen mit Kursleiter Claas Hoffmann über diesen sehr speziellen Composites-Weiterbildungslehrgang am Fraunhofer IFAM.

Vorbereitung zur Vakuuminfusion
© Fraunhofer IFAM
Vorbereitung zur Vakuuminfusion
Faserzuschnitt der Longboards
© Fraunhofer IFAM
Faserzuschnitt der Longboards
Detailaufnahme nach dem Fräsprozess
© Fraunhofer IFAM
Detailaufnahme nach dem Fräsprozess

Herr Hoffmann, eine Frage muss zum Beginn unseres Interviews erlaubt sein: Führen Sie eine Statistik über die Rückmeldung von ehemaligen Teilnehmern, wie viele schon Tricks wie »Pivot«, »Peter Pan« oder »Cross Step« können?

Um ehrlich zu sein, haben wir noch nie die akrobatischen Fähigkeiten unserer Teilnehmer hinterfragt. Allerdings steigt die Motivation im Kurs deutlich, wenn reale Bauteile gefertigt werden.

 

Spaß beiseite: Wieso eignet sich das Longboard als Werkstück perfekt, um die Bauteil-Fertigung mit Hilfe des Vakuuminfusionsverfahrens zu trainieren? Die meisten Teilnehmer werden wohl in anderen Branchen arbeiten…

Das ist wohl wahr. Der Anteil der Teilnehmer, die selbst gerne Longboard fahren, ist vermutlich gering. Allerdings hatten wir noch keinen Teilnehmer, der sich über ein selbst gebautes Board nicht wahnsinnig gefreut hätte.

Um das Wieso zu erklären, muss ich etwas weiter ausholen. Unsere FaserverbundPRAXIStage sind eine Veranstaltung, in der unsere Teilnehmer in anderthalb Tagen ein Bauteil herstellen und mit nach Hause nehmen sollen. Das alleine begrenzt die möglichen Objekte, die hergestellt werden können, drastisch. Und letzten Endes liegt das Augenmerk von unserer Seite auf den Fertigungsschritten von FVK. Unser Longboard ist aus Sicht eines Herstellers nicht viel mehr als ein schöngeformtes, leicht geschwungenes Brett und bietet uns somit viele Möglichkeiten, sich mit den Details in der Herstellung zu beschäftigen.

 

Aus welchen Beweggründen haben Sie die Bremer FaserverbundPRAXIStage 2018 überhaupt ins Leben gerufen? Was sollen die Teilnehmer außer dem fertigen Board für sich mitnehmen?

Wir wollten neben unseren rein theoretischen Re-Zertifizierungsangeboten unseren Teilnehmern auch die Möglichkeit geben, sich an praktische Inhalte der Kurse zu erinnern und Fertigkeiten zu trainieren. Daher sind die FaserverbundPRAXIStage vom zeitlichen Aufwand her auch vergleichbar mit den Faserverbundtagen. Allerdings ist die Teilnehmerzahl deutlich kleiner und somit die Atmosphäre noch persönlicher.

 

Welche Voraussetzungen gibt es für eine erfolgreiche Teilnahme an den Bremer FaserverbundPRAXIStagen? Braucht es etwa bestimmte Vorkenntnisse?

Wie schon erwähnt sind die Kurse ursprünglich als Re-Zertifizierungsmaßnahme ins Leben gerufen worden. Allerdings sind die Inhalte so gestaltet, dass man auch ohne vorherige Kursteilnahme die FaserverbundPRAXIStage besuchen kann. Der Gedanke hierbei ist, potenziellen Interessenten einen Einblick in die Faserverbund-Welt zu geben und zur gleichen Zeit einen Eindruck zu vermitteln, wie eine Schulung bei uns aussehen würde.

 

Gerade bei einem Praxiskurs ist intensive Betreuung unerlässlich. Wie viele Teilnehmer hat der Lehrgang und wie stellen Sie die bestmögliche Begleitung in allen Phasen des Kurses sicher?

Intensive persönliche Betreuung ist hier das Stichwort. Daher sind die FaserverbundPRAXIStage auf maximal zehn Teilnehmer begrenzt und werden in der Regel von mindestens zwei unserer Referenten in den anderthalb Tagen betreut. Die einzelnen notwendigen Arbeitsschritte werden von uns so vorbereitet, dass sich die Teilnehmer ohne Zeitdruck und intensiv mit den wesentlichen Aspekten bei der Herstellung auseinandersetzen können.

 

Was macht das Fraunhofer IFAM zum idealen Ort, um die FaserverbundPRAXIStage durchzuführen?

Neben den fachlichen Inhalten, die wir durch die Nähe zur Industrie und durch die angewandte Forschung immer auf dem neusten Stand halten können, legen wir in jedem unserer Kurse besonderes Augenmerk auf eine didaktisch hochwertige Wissensvermittlung. Im Fall der praktischen Lerninhalte bedeutet das, dass jeder Teilnehmer seine individuellen Erfahrungen auf die Probe stellen und erweitern kann. Die Herausforderung ist hierbei nicht nur, für jeden Teilnehmer einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, sondern ihn auch individuell dort abzuholen, wo er fachlich steht und den gesamten Lehrgang auf ein gemeinsames Level zu bringen.

 

Welche Ideen gibt es für weitere Praxiskurse im Bereich Composites? Werden solche Lehrgänge verstärkt nachgefragt?

Wenn wir uns das vergangene Jahr anschauen, konnten wir ein steigendes Interesse an unseren praxis-orientierten Kursen bemerken. Die Herausforderung ist allerdings schon bei den FaserverbundPRAXIStagen, regelmäßig neue Inhalte zu bringen, um das Interesse aufrecht zu erhalten.

 

FaserverbundPRAXIStage

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