3 Fragen an… Dr. Holger Fricke zur Digitalisierung der Klebtechnik

Die diesjährigen »Bremer Klebtage« standen ganz im Zeichen des Jubiläums »30 Jahre Kleben in Bremen.« Zu diesem Anlass haben wir Dr. Holger Fricke, Abteilungsleiter Klebtechnische Fertigung am Fraunhofer IFAM, zu einem Interview eingeladen. In unserem Format »3 Fragen an...« gibt Dr. Fricke einen spannenden Einblick in seinen Vortrag »Digitalisierung der Klebtechnik«. Dabei erläutert er die zentralen Themen seines Vortrags, die Bedeutung standardisierter Kommunikationsprotokolle und die Vorteile der Integration von OPC-UA in die Klebtechnik. Dr. Fricke zeigt auf, wie das Fraunhofer IFAM zusammen mit Partnern aus Forschung und Industrie die Digitalisierung der Klebtechnik vorantreibt und welche konkreten Anwendungen und Projekte bereits umgesetzt wurden. 

Dr. Holger Fricke auf den »Bremer Klebtagen«
© Fraunhofer IFAM
Dr. Holger Fricke auf den »Bremer Klebtagen«

1. Worum genau ging es in Ihrem Vortrag auf den »Bremer Klebtagen«?

Die Digitalisierung der Industrie schreitet unaufhaltsam und rasant voran. Das industrielle Kleben ist eine Fügetechnik, die mehrere Einzelprozesse umfasst. Um eine hohe Qualität der Klebung zu realisieren, müssen diese Einzelprozesse sorgfältig aufeinander abgestimmt sein. Das Kleben kann nur erfolgreich in die Industrie 4.0 integriert werden, wenn es ganzheitlich erfasst und digital abgebildet wird.

2. Warum ist die Standardisierung der Kommunikationsprotokolle im Bereich Klebtechnik so wichtig und welche Herausforderungen sehen Sie dabei?

Der industrielle Klebprozess umfasst eine Vielzahl von Geräten und Einzelprozessen. Es erstreckt sich über mehrere Stationen der Fertigungslinie. Jedes Gerät und jede Station können eine eigene proprietäre Schnittstelle haben. Im Dialog mit jeder Schnittstelle werden Parameter des Klebprozesses anders benannt, können unterschiedliche Einheiten haben oder andere Wertebereiche nutzen. Durch das Sprachgewirr ist die Kommunikation aufwendig zu programmieren und sehr fehleranfällig. Knappe Ressourcen an Fachkräften werden verschwendet und Potentiale der Industrie 4.0 sind nur sehr aufwendig zu heben. Ein standardisiertes Kommunikationsprotokoll für das Kleben ermöglicht daher Geräte- und Anlagenherstellern, Automatisierern, Integratoren sowie Betreibern der Fertigungslinie die gesamte Kommunikation auf Basis in einer Sprache mit definierten Begriffen und Grammatik abzubilden.

3. Welche Vorteile bietet die Integration von OPC-UA in die Klebtechnik und welche konkreten Anwendungen gibt es bereits?

Das Kommunikationsprotokoll OPC UA (Open Platform Communications Unified Architecture) ermöglicht Interoperabilität zwischen unterschiedlichen Geräten und Systemen. Es ist daher eine Grundlage für die vertikale und horizontale Integration von Technologie in die Industrie 4.0. Für verschiedene Technologien sind bereits Spezifikationen des Kommunikationsprotokolls, sogenannte Companion Specifications (CS) ausgearbeitet. Im Projekt Kleben 4.0 wurde eine Vorstufe einer CS für das Kleben erstellt. Sie wird bereits in mehreren Industrieunternehmen angewendet und kann auf der Seite »kleben4punkt0.de« bezogen werden. Im Projekt DigiKleb setzt das Fraunhofer IFAM in Bremen dieses Protokoll ein, um Vorteile aus der Digitalisierung der Klebtechnik zu heben. Zusammen mit den Projektpartnern aus Forschung und Industrie werden digitale Schatten, digitale Master, automatisierte Dokumentation von Klebprozessen, Visualisierung und Auswertung von Zeitreihendaten, Selbstkalibrierung von Anlagen und Service on Demand für die Klebtechnik erforscht und in Demonstratoren umgesetzt. Ein Technikum des Fraunhofer IFAM in Bremen wird im Rahmen des Projekts bis 2026 zu einem Demonstrationszentrum für die Digitalisierung der Klebtechnik umgebaut, sodass die entwickelten Technologien einem breiten Publikum aus Wirtschaft und Wissenschaft präsentiert werden können.

Weitere Information zu den Aktivitäten des Fraunhofer IFAM im Bereich #Kleben sind hier zu finden:

Zur Kompetenz Kleben